Abschiedsworte von Kirchenmusiker Jonas Sandmeier

Unterm Strich ist es eine gute Nachricht:

Sie, werte Leserinnen und Leser, wirken enorm musikalisch, sehr empfänglich für Zwischentöne und als Gemeinde unerhört energiegeladen und kulturinteressiert.
Das sind nahezu perfekte Voraussetzungen für eine gelingende, lebendige Kirchenmusik!
Ich wollte eigentlich nur Orgelspielen und war sehr überrascht von den Potenzialen, die überall in Ihrer Gemeinde schlummern.
Ich habe mich in der kurzen Zeit bei Ihnen sehr getragen gefühlt von all Ihre Unterstützung, der permanenten Wertschätzung und dem vielfachen, persönlichen Zuspruch. Dafür danke ich allen sehr und wünsche Ihnen als Gemeinde wachsenden Zusammenhalt, gegenseitige Unterstützung und Mut für den Weg in die Zukunft - gestärkt und begleitet durch Ihr großes Talent: die Musik!

Ihr Jonas Sandmeier

 

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Bericht über ein Podiumsgespräch am 21.2.2024 in Berlin-Wannsee
FRIEDE UND VERSÖHNUNG IN ISRAEL UND PALÄSTINA?
und die Diskussion in Deutschland


Unter dieser Überschrift hatte der Förderverein der Evangelischen Kirchengemeinde Berlin-Wannsee
e.V. zu einem abendlichen Podiumsgespräch in die Kirche am Stölpchensee eingeladen. Es kamen sehr
viele und erlebten zwei Gesprächspartner, die trotz unterschiedlicher familiärer Herkunft und
Beziehung zu Judentum/ Israel und Palästina häufig gleiche Ansichten teilten und bei kontroversen
Ansichten verständnisvoll miteinander umgingen. Als Moderator des Gesprächs hatte ich Themen und
Fragen vorbereitet und vorab den beiden Gästen zugeschickt.
Michael Daxner, ehemaliger Präsident der Universität Oldenburg und Professor für Soziologie und
Jüdische Studien, erzählte eingangs knapp, wie seine Eltern, aus assimilierten jüdischen Familien in
Wien stammend, die Nazizeit überlebt hätten. Der Vater war nach Palästina geflohen und kam nach
dem Krieg nach Wien zurück, wo Michael Daxner aufwuchs. In den letzten Jahren hat er sich als
Wissenschaftsexperte und Berater in Krisenregionen auf dem Balkan und in Afghanistan betätigt.
Nazih Musharbash wurde in eine christliche palästinensische Familie hineingeboren, ging in
Betlehem/ Beit Jala (heute Westjordanland) auf die Schule. Nach dem Abitur zog er zum Studium nach
Deutschland, wurde Lehrer an einer Schule in Niedersachsen, später dort Rektor. Er engagierte sich
viele Jahre in der SPD kommunalpolitisch und für kurze Zeit auch im Landtag von Niedersachsen. Als
Präsident der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft e.V. (seit 2018) setzt er sich für Anliegen der
Palästinenser in der deutschen Öffentlichkeit ein.

Vorbemerkung
In der öffentlichen Diskussion in Deutschland besteht häufig der Eindruck, man könne und dürfe nur
zu einer Seite und eigentlich nur für Israel aus geschichtlicher Verantwortung Solidarität bekunden.
Kritik an der israelischen Besatzungspolitik in der Vergangenheit und jetzt am militärischen Vorgehen
im Gazastreifen wird manchmal sogar mit Antisemitismusverdacht belegt. Kritik am Vorgehen der
Palästinenser, ihrem Befreiungskampf, wenn auch oft mit terroristischen Methoden und zuletzt mit
fürchterlicher Gewalt am 7.10.2023, wird umgekehrt als Missachtung ihrer Unterdrückung und der
Verletzung ihrer Menschenrechte angesehen.
Wir haben eine polarisierte öffentliche Debatte, in der es häufig um ein Konkurrenzverhältnis bei der
Bewertung von Opfern und Leid geht. Dabei ist es vielen Menschen in Deutschland ein Bedürfnis, für
beide Seiten im Nahost-Konflikt Verständnis und Mitleid zu zeigen. In dem Gespräch sollte es
insbesondere auch darum gehen, die in der öffentlichen Debatte in Deutschland häufig verwendeten
Begriffe und wechselseitigen Vorwürfe anzusprechen.

Hamas-Überfall und Gaza-Krieg
Die Barbarei des Hamas-Überfalls vom 7.Oktober auf die israelischen Dörfer und das Musikfest am
Rande des Gazastreifens mit etwa 1200 Toten und 240 Entführungen von Menschen aller
Altersgruppen als Geiseln fanden beide Gesprächsteilnehmer furchtbar, die mediale Verbreitung der
Grausamkeiten mit Bildern und Videos entsetzlich. Es sollten damit Ängste und Erinnerungen an
frühere Verfolgungen auf israelischer Seite ausgelöst werden. Dass sich dann Israel mit seiner
hochgerüsteten Armee auch gegen den andauernden Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen mit einem
massiven Angriff auf die Hamas wehrte, sei zunächst ein Verteidigungskrieg und damit verständlich.
Für N.Musharbash standen aber jetzt vier Monate später die unglaublich vielen Opfer auf
palästinensischer Seite (30000 Tote) und die Zerstörungen, die Not und katastrophale Versorgungslage
im Gazastreifen im Vordergrund. Er forderte die Herausgabe der noch verbliebenen israelischen
Geiseln und das sofortige Ende der Kämpfe. Die religiös fundamentalistische Weltsicht und der Hass
auf Israel, die durch die Hamas verbreitet werden, seien militärisch nicht zu bekämpfen. Das bleibe in
den Köpfen vieler Palästinenser und werde jetzt noch schlimmer.
M.Daxner sah das ähnlich und meinte, dass das perfide Kalkül der radikal-islamischen Hamas
vollständig aufgegangen sei: Sie habe mit den Geiseln ein Faustpfand, um Israel zur Beendigung der
Kämpfe und zur Freilassung von weiteren palästinensischen Gefangenen zu zwingen. Die Lösung des
Palästina-Problems sei wieder auf die Agenda der Weltpolitik gesetzt. Das habe die bisherige
Vertretung der Palästinenser, die PLO im Westjordanland, nicht erreicht. Zugleich gerate Israel
angesichts der vielen zivilen Opfer und des Leids im Gazastreifen noch stärker als bisher auf den
internationalen Pranger.
Eine wichtige Rolle zur Aufarbeitung der wechselseitigen Genozid-Vorwürfe könnte nach Meinung
von N.Musharbash in der näheren Zukunft der Internationale Gerichtshof (IGH) der UN in den Haag
spielen. Grundlage ist die Völkermord-Konvention der UN aus dem Jahr 1948. Der IGH hat auf
Antrag Südafrikas am 26.1.24 ein Einstweiliges Urteil gefällt. Er gestand Israel ein Recht auf
Selbstverteidigung gegen Hamas zu, verlangte aber mehr Schutz und bessere Versorgung der
Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Und er verlangte von Israel ein Vorgehen gegen unverantwortliche
Gewaltaufrufe israelischer Politiker gegenüber den Palästinensern im Gazastreifen. Das abschließende
Urteil steht noch aus.

Geschichte des Konflikts
Die Zweistaatenlösung, bestehend aus dem Jüdischen Staat Israel und dem Arabischen Staat Palästina
war das Ergebnis des mit großer Mehrheit beschlossenen, detaillierten Teilungsplans der Vereinten
Nationen (UN) von 29.11.1947. Erarbeitet worden war er auf Bitten der britischen Mandatsmacht für
Palästina. Die Briten waren zermürbt von den Konflikten zwischen eingewanderten jüdischen
Siedlern, den Zionisten und der ortsansässigen arabischen Bevölkerung und von den Konflikten mit
ihnen selbst. Umgesetzt wurde nur die Gründung des Staates Israel durch die jüdische Bevölkerung im
Land am 14.5.1948. Das Existenzrecht Israels beruht also auf einem UN-Beschluss!
Dass der Holocaust durch Nazideutschland bei dem mit großer Mehrheit unter Einschluss aller
Siegermächte des 2.Weltkriegs gefassten Beschluss eine entscheidende Rolle gespielt habe,
bezweifelte M. Daxner. Viel entscheidender sei es etwa für USA und UdSSR gewesen, jüdischen
Exilanten aus Europa einen zusätzlichen Exilort in Palästina/ Israel zu ermöglichen und damit das
jeweils eigene Land zu entlasten. Ob deutsche Schuld maßgeblich zur Entstehung von Israel und dem
Konflikt mit den Palästinensern beigetragen habe, sei zweifelhaft. Wenn heute die Sicherheit Israels
deshalb zur deutschen Staatsräson erklärt werde, sei dies historisch und in den Auswirkungen für die
Zukunft unklar und damit fragwürdig.
Den Palästinensern fehlte damals eine gemeinsame politische Führung. Sie verließen sich auf die
arabischen Nachbarstaaten, die den UN-Teilungsplan abgelehnt hatten und militärisch rückgängig
machen wollten. Das endete 1949 mit deren Niederlage. Die Folge waren Flucht und Vertreibung und
eine Ausweitung von Israels Anteil an Palästina. Die Fehleinschätzungen auf palästinensischer Seite,
so sieht es auch N.Musharbash, wiederholten sich in den nächsten Kriegen 1967 und 1973 gegen das
erstarkte und jetzt erstmals durch die USA unterstützte Israel.
Ist deshalb Israel ein kolonialistisches Projekt, ein Vorposten des imperialistischen Westens, wie es in
einem Teil der Linken in Deutschland und häufig im Globalen Süden heißt?
Nein, sagen beide Gesprächspartner. Es ist eine spezifische, viel ältere Geschichte, die schon in der
Darstellung der Bibel beginnt. Das Land zwischen Jordan und Mittelmeer wird von Abraham zweimal
vergeben: an Sohn Isaak, den Stammvater der Juden, und an Sohn Ismael, den Stammvater der Araber.
Es wird seitdem immer wieder von neuem erobert, verwaltet, neu verteilt. Auch die Römer als
langjährige Herrscher im gesamten Mittelmeerraum könnten historische Ansprüche erheben, so wie
heute die religiösen Zionisten, sagt N.Musharbash. Die neuere Besiedlung durch Zionisten vorwiegend
aus Mittel- und Osteuropa beginnt erst in der letzten Phase des Osmanischen Reichs. Die Einwanderer
kaufen gezielt arabischen Großfamilien Land ab, errichten eigene Siedlungen, weiten sie aus, sind
wirtschaftlich und kulturell erfolgreich. Damit erzeugen sie Missgunst und verletzen das
Gerechtigkeits-empfinden der Palästinenser.

Besatzung - Befreiungskampf, Landnahme - Boykott
Die in Kairo gegründete PLO (Palestine Liberation Organisation) wurde erst mit der Machtübernahme
durch Yassir Arafat (Al Fatah) im Jahr 1969 tatsächlich eine Vertretung der Interessen der
Palästinenser. Mit Attentaten, Flugzeugentführungen, Aufständen (Intifadas) erreichten radikale
palästinensische Gruppen weltweites Aufsehen, u.a. bei der Olympiade 1972 in München. Sie wurden
zu dem Störenfried der internationalen Ordnung. Der internationale Luftverkehr muss seit dieser Zeit
mit massiven Sicherheitskontrollen geschützt werden.
Israel reagierte mit Repression, Kontrollen, Mauern und Zäunen. Es behielt den Besatzungszustand
bei, duldete und förderte den Bau jüdischer Siedlungen im besetzten Westjordanland gegen Beschlüsse
der UN und damit gegen Völkerrecht. Es gab darüber hinaus völkerrechtswidrige Annexionen
palästinensischen Gebiets (Ostjerusalem).
Die seit 1967 andauernde Besetzung, die fortgesetzte Landnahme und die rechtliche und politische
Ungleichbehandlung von Israelis und den im Westjordanland unter Militärrecht stehenden
Palästinensern verstoßen gegen Allgemeine Menschenrechte und Völkerrecht. Diese Beurteilung
erwartet N. Musharbash auch von dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs, das die
Generalversammlung der UN dort in Auftrag gegeben hat. Die Anhörung von internationalen
Fachleuten hat am 19.2.24 begonnen. Ob dann der häufig gegen Israel erhobene Vorwurf der
„Apartheidpolitik“ gegenüber Palästinensern gerechtfertigt ist, werde sich zeigen, sagen beide
Gesprächspartner und raten zunächst von der Verwendung dieses speziell für Südafrika verwendeten
Begriffs ab.
Die internationale BDS-Bewegung (Boykott, Deinvestment, Sanktions) will seit einigen Jahren
politischen Druck gegen die andauernde Besatzungspolitik Israels aufbauen. Eine solche Zielsetzung
hält N.Musharbash grundsätzlich für gerechtfertigt und richtig. Auch wenn die Ziele der BDS-
Bewegung in mancher Beziehung unklar und problematisch sind. Die pauschale Bewertung dieser
BDS-Bewegung als antisemitisch, wie im Beschluss des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 2019
geschehen, sei falsch, sagen beide.
M.Daxner gibt auch den wichtigen Stimmen in Israel recht, die frühzeitig vor den Folgen einer
andauernden Besatzungspolitik für das demokratische Selbstbild und das Außenbild Israels gewarnt
haben. Für die deutsche Diskussion erwartet er, dass das Existenzrecht Israels als Ergebnis einer
geschichtlichen Entwicklung der Neuzeit nicht in Frage gestellt werde und Juden hier vor
Diskriminierung geschützt werden. Aber sonst könne man über vieles streiten. Meinungsfreiheit und
offene Diskussionen in Politik, Wissenschaft und Kultur, auch zu Israel und Palästina, bleiben wichtig
für die Demokratie im Land und für den weltweiten Austausch und die internationale
Zusammenarbeit.

Palästinensische Flüchtlinge
Für die Juden in Israel ist der Holocaust „die große Katastrophe -Shoah“ mit 6 Mio Toten und mit dem
Zufluchtsort Israel für viele Überlebende. Für die Palästinenser ist der erste Krieg nach der Gründung
Israels (1948/49) mit Flucht und Vertreibung von 0,75 Mio Menschen „die große Katastrophe -
Nakba“. Die UN halfen den Palästinensern durch Errichtung eines Hilfswerks für Flüchtlinge
(UNRWA) in den Nachbarstaaten, u.a. im Gazastreifen, der damals Teil von Ägypten war. Sie
sicherten den Flüchtlingen und ihren Nachkommen zugleich ein Recht auf Rückkehr in ihre früheren
Orte und Wohnungen zu, was Israel verweigerte. Nach Israel kamen aber nicht nur jüdische
Flüchtlinge aus Europa, sondern auch aus der arabischen Welt (0,8 Mio). Es gab auch in derselben Zeit
große andere Flüchtlingsströme, die in anderen Ländern (Deutschland etwa 12 Mio, Indien-Pakistan
weit mehr,…) aufgenommen und integriert wurden. Auch Israel blieb ein Einwanderungsland für
Juden aus vielen verschiedenen Ländern und wuchs von etwa 1 Mio (1948) auf 9,8 Mio (2023) mit
etwa 20% arabischer Bevölkerung. Müssten nicht auch die Interessen und Rechte der neuen Bewohner
(und ihrer Nachkommen) in Israel und der Zeitablauf berücksichtigt werden? Ist nicht ein Verzicht auf
Forderungen aus der Vergangenheit notwendig, um Rechtsfrieden und Frieden in der Zukunft zu
erreichen? So sah es auch M.Daxner.
N.Musharbash verteidigte dagegen die im Vergleich einmalige Sonderstellung der palästinensischen
Flüchtlinge, einschließlich ihrer Nachkommen, und ihr Recht auf Rückkehr unter Bezug auf den noch
heute maßgebenden UN-Beschluss aus dem Jahr 1949. Würden sie ihren Status als Flüchtlinge
(zurzeit etwa 6 Mio) verlieren, fiele der Anspruch auf Unterstützung durch das UN-Hilfswerk weg und
sie müssten in den Nachbarländern und wahrscheinlich auch in Europa aufgenommen werden. Dieses
wurde bisher aus Furcht vor Problemen und Konflikten überall abgelehnt. Die pauschalen israelischen
Vorwürfe gegen das UN-Hilfswerk insgesamt, weil 12 von über 12000 palästinensischen Mitarbeitern
am Hamas-Angriff vom 7.10.23 beteiligt gewesen sein sollen, seien ungerechtfertigt. Die humanitäre
Hilfe sei jetzt dringender und notwendiger denn je.

Bemühungen um Frieden und Versöhnung
Es gab und gibt schon lange beeindruckende Initiativen und Traditionen für ein friedliches
Zusammenleben von Juden und Palästinensern auf lokaler Ebene. Die Metropole Tel Aviv ist, wie es
M.Daxner schilderte, heute das Musterbeispiel einer multiethnischen, weltoffenen, wirtschaftlich,
wissenschaftlich und kulturell blühenden Stadt. Internationale Ausstrahlung haben gemeinsame
Kultureinrichtungen wie das West-East-Divan-Orchestra und die Barenboim-Said-Akademie in Berlin.
Viele Tagungen, Konzerte, Filme haben sich thematisch mit Konflikten, Versöhnung und Frieden in
Israel und Palästina befasst. Daran haben sich insbesondere auch die christlichen Kirchen aus
Deutschland beteiligt. Auch die Evangelische Kirchengemeinde in Berlin-Wannsee hat in den 90er
Jahren mehrfach altersmäßig, beruflich, ethnisch, religiös gemischte Besuchergruppen aus Israel bei
Berlin-Besuchen in hiesigen Familien beherbergt.
Als das Friedensabkommen von Oslo im Jahr 1993 zwischen Israel und der PLO durch den
amerikanischen Präsidenten Bill Clinton vermittelt wurde, war das ein großer Erfolg auf
diplomatischer Ebene. Die Protagonisten, der israelische Ministerpräsident I. Rabin, sein
Außenminister S. Peres und der PLO-Präsident Y. Arafat bekamen den Friedensnobelpreis. Im Osloer
Abkommen erkannten die Palästinenser, vertreten durch die PLO, erstmals die Existenz Israels in den
Grenzen von (vor) 1967 an. Es wurde die Palästinensische Autonomiebehörde eingerichtet. Dann aber
stockte der Prozess zu Aussöhnung und Zusammenarbeit auf beiden Seiten und wurde bekämpft.
Nach Ansicht von N.Musharbash waren es vor allem religiös-fundamentalistische Vorstellungen, die
auf beiden Seiten den eingeschlagenen politisch-pragmatischen Weg sabotierten. Sie fanden in der
palästinensischen Bevölkerung fruchtbaren Boden, weil die Besatzungspolitik Israels und vor allem
der weitere Siedlungsbau sie immer wieder demütigte. Ausdruck dafür sind die Parolen und
Selbstmordattentate der islamistischen Hamas-Bewegung. Sie fordert im Gegensatz zur PLO die
Befreiung eines Palästinas, das vom Jordan bis zum Meer reicht, will also den jüdischen Staat Israel
wieder auslöschen und seine Bewohner töten und vertreiben.
N.Musharbash fand Willy Brandt und seine deutsche Ostpolitik damals beispielhaft. Mit
demonstrativen Gesten und pragmatischen Schritten, der Anerkennung von Grenzen und historischen
Fakten habe er schrittweise Aussöhnung und Zusammenarbeit mit den östlichen Nachbarländern
erreicht und damit zur späteren gesamteuropäischen Sicherheit und Zusammenarbeit wesentliche
Vorarbeiten geleistet. So etwas erhoffe er sich auch für den Nahen Osten mit einem arabischen Staat
Palästina neben dem jüdischen Staat Israel, also die Zwei-Staaten-Lösung, wie sie international auch
von allen Seiten gefordert wird. Wahrscheinlich sei das nach dem jetzigen Desaster eine Aufgabe der
nächsten Politikergeneration.
Für M.Daxner war der Mord an I. Rabin im Jahr 1995 durch einen jungen jüdisch-orthodoxen
Nationalisten das entscheidende schlimme Signal gegen das Osloer Abkommen. Auch auf israelischer
Seite fordern Fanatiker, die jetzt sogar in der Regierung sitzen, ein Israel, das vom Jordan bis zum
Meer reicht (Erez Israel), also eine Vertreibung von Palästinensern. Die Befürworter und politischen
Unterstützer von Versöhnung und Ausgleich in Israel, die einmal in Israel die Mehrheit hatten, gerieten
immer mehr in die Minderheit und sind jetzt kaum noch wahrnehmbar. Die religiös-nationalistischen
und rechtsradikalen Kräfte unter Führung von B.Netanjahu sind begünstigt durch eine andere
Bevölkerungszusammensetzung im heutigen Israel. Nicht mehr die westlich und demokratisch
geprägten, säkular denkenden Einwanderer aus Mitteleuropa (Askenasim) prägen das politische Klima
im Land, sondern religiös und autoritär geprägte Einwanderer aus anderen Weltregionen. M.Daxner
plädierte aus grundsätzlichen, aber auch praktischen Erwägungen für die Bildung einer binationalen
Föderation von Israelis und Palästinensern. Das war schon das Konzept des deutsch-jüdischen
Religionsphilosophen Martin Buber („Ein Land-zwei Völker“), das werde aber auch heute von
anderen wichtigen Köpfen auf beiden Seiten vertreten. Ein positives Beispiel in Europa sei Belgien,
wo sich selbstverwaltende Volksgruppen einen gemeinsamen Staat bilden.
Beide Gesprächspartner waren sich einig, dass neue politische Führungsfiguren auf beiden Seiten
notwendig sind, um zu Lösungen für den Konflikt und ein friedliches Zusammenleben in der Region
zu kommen. Es müssten auch die Nachbarstaaten eingebunden sein, wie es zum Teil schon gelungen
ist. Aber es komme entscheidend auf die UN, die Großmächte und auch (M.Daxner) auf die durchaus
differenzierte und deshalb geeignete EU an.

Schlussbemerkung
Der israelische Historiker und Pädagoge Meron Mendel hat 2023 in seinem Buch „ÜBER ISRAEL
REDEN Eine deutsche Debatte“ am Schluss zusammengefasst: „Um wieder in die richtige Spur zu
finden, sind Israel und die Palästinenser- mehr denn je- auf die Hilfe von Freunden in aller Welt
angewiesen.“ Das war das idealistische Ziel dieser Veranstaltung.
Und ein Freund Martin Bubers, der Pazifist Gustav Landauer, hat das eigentlich Selbstverständliche
einprägsam so formuliert: „Frieden ist möglich, weil er notwendig ist.“

Traugott Klose

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